Todesmarsch im April 1945
Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Möschlitz einer der zahlreichen Tatorte im „letzte[n] organisierte[n] Massenverbrechen Nazi-Deutschlands“ (Krakowski, 1989, S. 485). Das Ende des Krieges war mit dem Anrücken der alliierten Truppen nah. Auch um die Spuren der eigenen Verbrechen zu verwischen (Greiser, 2008, S. 39), wurden Insassen der Konzentrationslager im großen Stil verlegt.
Ein solcher Häftlingszug führte auf dem Weg von Buchenwald nach Flossenbürg (Oberpfalz) an Möschlitz vorbei. Augenzeugen wie Dorfpfarrer Heinrich Trinks und die Volksliedsammlerin Ida Zschach hielten ihre Erinnerungen an den 11. April 1945 fest.
Der Häftlingszug in Möschlitz
Zeitzeugen berichten von etwa 1.500 Menschen, die zu Fuß und in schlechter körperlicher Verfassung in Möschlitz eintrafen. Ausgemergelt und erschöpft marschierten sie zu Fuß bis zur Höhe der Kirche. Dort veranlassten die etwa 80 SS-Männer, die die Häftlinge mit ihren Hunden bewachten, einen Stopp. Der Rest des Zuges sollte von Crispendorf her kommend aufschließen.
In einer Projektarbeit, die Schleizer Schüler anfertigten, heißt es:
Die erregt auf die Straße gelaufenen Einwohner werden von der SS bedroht und in die Häuser zurück gejagt. Trotzdem versuchen einige Einwohner, den Halbverdursteten zu helfen. Sie stellen gefüllte Wassereimer auf die Straße. Doch diese werden von den SS-Schergen mit Fußtritten umgestoßen und die sich nach dem Wasser drängenden Häftlinge auseinander geprügelt.
Auszug aus einer Projektarbeit unter Aufsicht einer Schleizer Lehrerin. Hinterlegt im Stadtarchiv Schleiz.
Als der Zug seinen Weg über die alte Bahnhofstraße (heute: Am Bach) fortsetzte, konnten die Aufseher die Menschen nicht mehr vom Wasser fernhalten. Es entstand ein Handgemenge unter den Häftlingen, die sich um das Rinnsal stritten. Unter Einsatz von Knüppeln und Waffengewalt ging es schließlich weiter. Wer entkräftet zusammenbrach oder zu fliehen versuchte, wurde von SS-Männern erschossen. Allein in der Möschlitzer Flur blieben an diesem Tag 63 Leichen zurück.
Befreiung durch die Amerikaner
Während der Häftlingszug über Gräfenwarth und Saalburg weiterzog, mussten Kriegsgefangene die Gestorbenen in einem ausgetrockneten Teich am Dornweg bestatten. Sie wurden notdürftig verscharrt und mit Chlorkalk bestreut.

Nur vier Tage später kamen amerikanische Truppen nach Möschlitz. Sie befahlen den örtlichen NSDAP-Mitgliedern, die Opfer des Todesmarsches zu exhumieren und sie anständig zu beerdigen. Frauen aus dem Bund Deutscher Mädel mussten Leinentücher zur Verfügung stellen, die die Holzsärge auskleideten.
Erinnerung und Gedenkstätte
Die zwei Massengräber sind heute einer der zahlreichen Gedenkorte im Saale-Orla-Kreis, an denen an die Verbrechen der Todesmärsche gedacht wird. 2015 wurde ein Marsch des Lebens organisiert, um die Erinnerung wach zu halten. In der Gedenkstätte in Möschlitz wurden 63 weiße Rosen niedergelegt (Cissek, 2015).
Literatur
Cissek, Peter: Auftakt der Gedenkwanderung „Marsch des Lebens“ in Möschlitz. Ostthüringer Zeitung, 12. April 2015. Online unter https://www.otz.de/leben/land-und-leute/article220836405/Auftakt-der-Gedenkwanderung-Marsch-des-Lebens-in-Moeschlitz.html (zuletzt aufgerufen: 05.04.2025).
Greiser, Katrin: Die Todesmärsche von Buchenwald: Räumung, Befreiung und Spuren der Erinnerung. Wallstein, 2008.
Krakowski, Shmuel: The death marches in the period of the evacuation of the camps. In: Marrus, Michael R.: The Nazi Holocaust. Historical articles on the destruction of European Jews. Band 9. Meckler, 1989.
Bürgerverein Möschlitz e.V. (Hrsg.): 675 Jahre Möschlitz. Ein Heimatbuch. Möschlitz, 2008. S. 31 ff.